Die Ausführung desselben hat der Gastwirt zum Schwanen in Metternich, Herr Schäfer übernommen und es ergeht demnach an Sie die Einladung, sich dazu am Sonntag den 14. Dezember abends 5 Uhr, daselbst einfinden zu wollen, falls Sie geneigt sind, mit uns der Kartoffel diese Ehre zu erweisen.
Metternich und Vernich den 1. Dezember 1851.
Als nun diese Aufforderung ergangen war erhub sich ein Sturm von Meinen und Reden; derselbe aber wehte günstig für das Unternehmen und der Schwanenwirt rüstete sich nach Kräften um seinem Hause Ehre zu machen und das Fest durch gute Speisen und Getränke zu verherrlichen.
Da blies aber auch ein böser Wind um die Ecke und wehte ein Blatt aus der Kölnerin Schmuckkästlein ins Land, und es stand darauf:
Großes Speculationsessen in der Schusterherberge zu Metternich.
Gegeben Kartoffeln in Jeder Art, Geladen Gäste mit und ohne Bart, Doch nicht um Franz Dracke zu ehren, Sondern Dreimännerwein zu verzehren.
Das war auf einer bösen, unsaubern Mühle gemahlen worden und die Kartoffelfreunde gedachten mit Wehmut des eben erst ergrünten Lenzes ihrer Hoffnung auf eine fröhliche Pestfeier, die nun durch das rauhe neidische Lüftchen vernichtet zu sein schien,
- Das Fest.
Als aber der Tag des Festes da war, machten sich auf die Männer der Bürgermeisterei und der Umgegend und kamen zu Fuß und‘ Roß an den Ort des Festes, und siehe, es war ihrer keine kleine Zahl. Sie waren gekommen aus Firmenich und Weingarten, da wo die Eifel anhebt und vom Vorgebirge, von Brühl, Hemmerich und Merten und vom Blachfelde, daß da liegt zwischen dem Vorgebirge und der Eife, aus Heimerzheim und Müggenhausen, aus Horchheim, Groß und Klein-Vernich, aus Weilerswist und vom Orte des Festes selber aus Metternich von Süden und Norden, Osten und Westen und es hatte keiner gedacht, zu hause am Besten und des böse Luftlein hatte die nicht abgeschrecket.
Da waren aber die Männer meinten solche, die den Acker bebauen, aber auch Priester des Herrn und Lehrer der Jugend waren unter ihnen, und solche, die im Namen des Königs das Volk regieren.
Als sie nun versammelt waren, setzten sie sich zum lecker bereiteten Mahle und der Söller, worauf sie saßen, war hell und glänzend erleuchtet und es war alles auf’s schönste bereitet, zu Ihren derer, welche das Fest feiern wollten. Und als sie dem Geber alles Guten Gedankt, huben sie auf die Hände zum lecker bereiteten Mahle und sie aßen und tranken. und waren lustig und guter Dinge und freuten sich sehr der mancherlei Speise so bereitet wir, aus der gesegneten Kartoffel.
Sie genossen aber diese gesegnete Frucht als Suppe und rund und in Scheiben, gekocht und gebraten und gebacken als süßes Brot, welches forte heißet und überhaupt in jeder Art, wie sie die Kinder des Landes zuzurichten vermögen. Sintemal aber geschrieben steht, daß der Mensch nicht vom Brote allein lebe, so sprechen sie dabei auch manch* gutes Wort von ernstem und heitrem Sinne, wie die wechselnde Strömung der Gefühle es ihnen eingab.
Zuerst aber gedachten sie des Fürsten ihres Landes, der mit Gerechtigkeit über sein Volk herrscht und sie erhuben ihre Stimmen und riefen einmütiglich dreimal „ich“ das es weithin schallete.
„Und sie tranken einmal.“
Es war aber der Wein vom Rheine und von der Ahr und siehe! es war kein Dreimännerwein.
Sie saßen aber einträchtiglich beisammen und ihr Herz war fröhlich und guter Dinge.
Da erhub einer unter ihnen seine Stimme und sprach: Ihr Männer, liebe Brüder – Ihr seid gekommen von Süden und Norden, von Osten und Westen und habt nicht gedacht: zu Mause ist’s am besten und das böse Lüftlein hat euch nicht abgeschrecket. Ihr seid aber gekommen, um das Fest dar Kartoffel mit uns zu feiern; dieweil ihr wisset, daß die Kartoffel eine gute Frucht ist, von lieblichem Geschmacke, und allerlei Nutzen bringet, allerlei Volk, so unter dem Himmel wohnet, beide: Männlein und Fräulein, jung and alt; und sie wertgeschützet in den Häusern der Könige und in den Hütten der Armen. Es war aber eine Zeit, wo sie diese gesegnete Frucht in Deutschland verachteten und die Kartoffeln in ihrer Herzenskantigkeit und Unwissenheit verwarfen.
Da schickte der Herr eine Teuerung über das Land und erweckte Männer, die sprachen zum Volke also: Siehe, hier ist die Frucht der Kartoffel, von lieblichem Geschmacke und bringet allerlei Nutzen allerlei Volk unter dem Himmel. Nehmet und pflanzt sie auf eure Felder und fortan werdet ihr genug zu essen haben, wann die Zeit der Teuerung kommt. – Und das Volk gehorchte der Stimme und pflanzte die Frucht auf die Felder. Seitdem aber sind 100 Jahre vergangen und sie wurde fortan nicht mehr verschmähet und wurde hochgeschützet in den Häusern der Könige und in den Hütten der Armen.
Darum ihr Männer, liebe Brüder Lasset uns dankbar sein und ehret das Gedächtnis jener Männer, so unseres Volkes Unwissenheit und Verstocktheit überwanden, und erhebet eure Stimmen und rufet einmütiglich dreimal „Hoch“.
„Und sie tranken einmal.“
Und sie erhuben einmütiglich ihre Stimmen und riefen also, ergriffen ihre Becher, „Und tranken einmal.“
Sie gedachten aber auch des Mannes, der von jenseits des Meeres, die Kartoffel zuerst nach dem Lande der Engländer gebracht hatte und ehreten sein Gedächtnis, indem sie abermals Hoch riefen.
Es waren aber etliche unter ihnen, welche nach der Kunst zu singen verstanden. Und sie erhuben ihre Stimmen und sangen fröhliche Lieder: sie sangen aber das Lied vom Lobe der Kartoffel, wie es unter dem Volke gesungen wird, und noch andere Lieder zum Lobe des Vaterlandes und des Weines. Und die versammelten Männer stimmten Fröhlich mit ein und der Geist der Freude und Fröhlichkeit ward stärker unter ihnen.
Und abermals trat einer von ihnen auf und redete zu den versammelten Männern und sprach: „Ihr Männer, liebe Brüder!“ Jegliches Ding hat zwei Seiten und also ist es auch mit der Frucht der Kartoffel, deren Lob ihr vorher gesungen habt; sie birgt in ihrem schmackhaftem Fleische ein grausames Gift, welches zwar selten die Häuser der Könige erreicht, aber desto verderblicher in den Hütten der Armen wütet. – Ja, ich sage euch, der schrecklichste Krieg hat nicht ärgere Verwüstungen angerichtet als .die Kartoffelfrucht, wenn sie von der Hand des Menschen in eine Flüssigkeit verwandelt worden ist Schnaps geheißen.
Er machet Witwen und Waisen und versenket ganze Familien in den tiefsten Abgrund des Elends. In dem Lande und unter dem Volke, wo er heimisch geworden ist, wütet er ärger denn die Pest und verscheuchet das Glück und den Frieden von den Wohnungen. Darum liebe Männer, wie eure Vorvordern die feste Kartoffelfrucht verschmäheten, so verschmähet ihr die flüssige und lasset uns einen Bund aufrichten gegen das höllische Gift, welches aus der edlen Frucht der Kartoffel gezogen wird. Preiset aber die Männen, welche dasselbe mit Wort und Tat verfolgen und preiset diejenigen, welche die Kurtoffel nur als Speise auf ihre Tafel setzen, wie es die Männer getan haben so uns dieses Fest bereiteten! Da erhub sich die Versammlung einmütig und sie riefen dreimal: Hoch! zum Zeichen, das sie erkannten die Wahrheit dessen, was sie gehört hatten. Und sie beratschlagten untereinander und sagten: Lasset uns öfters zusammenkommen und über solche Dinge reden, die uns und unsern Mitbrüdern zum Nutzen dienen und uns dabei freuen und fröhlich sein und wie sie schon lange im Kreise Bitburg getan, geleitet vom trefflichen Thilmann; so wollen wir auch tun und fortan alle Monde „Bauerncasinos“ veranstalten. Dabei gedachten sie des Mannes, welchen die Ackerbauer des Kreises ihrem Vereine zum Obersten gesatzt und der ihre Ratschläge mit Einsicht lenket des von Müller und riefen ihm ein loch aus daß es weithin schallete.
„Und sie tranken einmal.“
Fortan aber tranken sie nicht blos einmal mehr und der Wein ward mächtig unter ihnen. Der Baum der Freude aber, vom Weine befruchtet, wuchs lustig empor, grünte und blühte und brachte mancherlei Frucht und siehe ! es war sehr gut und lieblich unter seinen Zweigen zu wohnen. Der Flügelschlag der Zeit aber war vor dem Klingen und Singen nicht zu vernehmen, denn der Wein hatte die Zungen gelöst und wer auch sonst wenig von Worten war, ließ sich vernehmen mit Trinkspruch oder Gesang: sie priesen den Vater Noe, weil er rings um sich Weinberge gepflanzet, und das fröhliche Rheinland, das so viel herrlichen Wein erzeuget neben der Kartoffel und besangen auch in der herliehen Sprache des Volkes, den tapfern Rheinlandssohn, „Jan“ mit seiner „Griet“.
Als es aber Mitternacht geworden und das Fest sich zu Ende neigte; wurde in herzlicher Rede der letzte Spruch gesprochen, der Abschiedsspruch: Alaaf alle Kartoffelfreunde ! Alaaf Alaaf!
Und die Männer erhuben sich, nahmen Abschied von einander, machten sich auf und zogen festesfroh, zu Fuß und zu Roß, wie sie gekommen waren, ein jeder in seinen Ort.
Das war das Fest, welches zu Ehren der gesegneten Kartoffel und ihrer Einführung im deutschen Lande a. d. 1851 den 14. des Christmondes zu Metternich im Schwanen gefeiert worden ist.